Alles dreht sich

Optisch unterscheidet sich der neue Eames Side Chair kaum von seinem Vorgängermodell. Nur bei näherem Hinsehen werden kleinste Pigmentpartikel in der Sitzschale sichtbar. Sie machen jeden einzelnen Stuhl einzigartig – und kreislauffähig. Denn das Material, aus dem seit Januar 2024 alle Sitzschalen der Eames Shell Chairs hergestellt werden, kommt zu hundert Prozent aus dem „Gelben Sack“, Post-Consumer Kunststoff, der am Ende seines Produktlebens erneut recycelt werden kann.

Für das Schweizer Unternehmen Vitra, das sich in Sachen Klimaneutralität und Kreislaufwirtschaft ehrgeizige Ziele gesteckt hat, ist das nur der Anfang. „Es kommen alle Produkte auf den Prüfstand“, beschreibt Christian Grosen, Chief Design Officer bei Vitra die Bemühungen seines Arbeitgebers, bis 2030 jedes Produkt über die gesamte Lebensdauer zu begleiten. Aktuell machen produktionsbezogene Güter und Dienstleistungen 80 Prozent aus, etwa 50 Prozent des totalen Corporate Carbon Footprint kommen aus den Materialien.

Dabei stünden neben der Materialwahl auch Aspekte wie Modularität und Upgradefähigkeit im Fokus. Und weil es Vitra wirklich ernst meint mit der Erreichung der gesetzten Ziele, bleibt es nicht bei einer Handvoll besonders nachhaltiger Neuentwicklungen. Neu gedacht werden auch Produktionsabläufe, Materialien, das gesamte Sortiment – darunter zahlreiche Designklassiker, die das Unternehmen seit Jahrzehnten produziert.

So werden nach und nach Materialien wie Kunststoffe und Textilien durch neue, biobasierte oder recycelte oder zumindest recyclingfähige ersetzt. Aus Lederresten der eigenen Stuhlproduktion entstehen Schreibtischunterlagen und Schlüsselanhänger. Zudem haben es die ersten zwei Bezugsstoffe aus 100 Prozent recycelten PET-Fasern sowie ein sortenreiner Schurwollstoff (aus gemeinsamer Produktentwicklung mit rohi) ins Sortiment geschafft.

Im Hinblick auf ihre Nachhaltigkeit werden auch die Verbindungen der Materialien überprüft. Das Konzept „Design for Disassembly“ soll Reparaturen, Upgrades aber auch das Recyceln der einzelnen Komponenten durch eine saubere Trennbarkeit der Materialien und Teile erleichtern.

 Zwar seien die ikonischen Entwürfe, die in Zusammenarbeit mit renommierten Designern entstehen, ohnehin darauf ausgelegt, Jahrzehnte zu überdauern, das neue Ziel, künftig komplett auf Verklebungen oder Umschäumungen zu verzichten, werde die Lebensdauer darüber hinaus positiv beeinflussen. Nach einem ersten Nutzungszyklus setzt Vitras eigener Reparaturservice an: mit professioneller Hilfe lassen sich defekte Produkte schnell wieder instandsetzen – und in den Kreislauf zurückführen. Außerdem entlastet eine Take-Back Option für die Familie der Shell Chairs den Kunden beim Recycling. Ein Markt für Zweitmöbel ist ebenso bereits Teil der Vitra Mission: in aktuell drei Circle Stores können Designbegeisterte Möbel aus Bemusterungen, Showrooms und Produktionen erwerben. Für Geschäftskunden hat Vitra mit dem „Circle for Contract“-Programm ein eigenes Kreislaufmodell entwickelt: es umfasst ein Angebot an gebrauchten und wiederaufbereiteten Möbeln von Vitra für Büros und und öffentliche Räume, auf das das gesamte Händlernetzwerk und somit auch Ihr CI Einrichtungshaus zurückgreifen kann. Mit dem Einsatz von gebrauchtem Mobiliar lassen sich im Vergleich zum Kauf von Neuprodukten bis zu neunzig Prozent Emissionen einsparen. Zudem wird die Transportlogistik optimiert, indem wo immer möglich Rückfahrten zur Rückholung von Gebrauchtmöbeln genutzt werden. Mit der Möglichkeit individueller Anpassungen bei ausgewählten gebrauchten Möbeln, wie beispielsweise mit neuen Sitzbezügen , bedient Vitra den Zweitmarkt – und die Vitra-Circle-Produkte passen in individuelle Farbkonzepte. Dank einer gründlichen Komplettreinigung sind sie wieder frisch und hygienisch. Und alte Bezüge, sofern weiter nutzbar, landen nicht im Recycling, sondern werden nach der Reinigung bei anderen Kundenprojekten wieder eingesetzt. Für einen Kreislauf guten Designs.